Klosterberuf by Huber Therese
Autor:Huber, Therese
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T05:00:00+00:00
der Menschheit, die Wahrheit endlich ihr Haupt erheben, da soll ich fliehen? – Nicht fliehen, antwortete er, fast mit Tadel im Blicke, aber sich und Ihre Schutzbefohlnen in einer sichern Zuflucht der Ausübung schöner Tugend aufbewahren. – Und Sie, mein Freund, wohin ruft Sie Ihre Pflicht? – Zuerst diese Stadt zu befreien, dann den Feind aufzusuchen, wo er sich zeigt. – Nun, so lange Sie in diesen Mauern sind, ist meine sichre Zuflucht hier, dann geh' ich durch unsere siegenden Heerhaufen, wohin Ihre Vorsorge mich hinweist. Es kostete dem treuen Freunde viele Mühe, das heldenmüthige Mädchen zu einer andern Ansicht ihrer Lage zu bewegen. Sie achtete endlich mehr auf seine dringenden Bitten als auf die Gründe, die er ihr darlegte, und versprach, ihre Abreise zu beschleunigen. Das Schicksal führte die guten Seelen auf einem andern Wege zum Ziel. Noch an demselben Abend zeigte Aloysia die Spuren einer heftigen Krankheit, und mit Schmerz erfuhr Czesinsky nach wenig Tagen, daß die Kinderblattern bei ihr ausgebrochen wären. Eine höhere Hand vereitelt also meine Bemühungen, Sie vor Unheil zu hüten, sagte er bei dieser Nachricht. Jetzt darf ich das Kind keiner Reise aussetzen und darf Sie nicht bereden, es zu verlassen .... Ja, mein Freund, unterbrach ihn Theofanie mit wehmüthigem Lächeln, eine höhere Hand erfüllt meine Wünsche, ich bleibe in dem Lande, wo Sie kämpfen, und diese Wendung meines Schicksals ist mir ein Pfand, daß alle meine Wünsche – nein, nicht Wünsche! – daß alles mein heiliges Vertrauen erfüllt werden wird. Czesinsky sah mit ernstem, Unglück ahnendem Blick in der Freundin betendes Auge und überließ sie der treuen Pflege ihrer kleinen Kranken.
Die Begebenheiten schritten nun mit längst ersehnter Eile vorwärts. Kosciusko hatte das große Wort der Freiheit ausgesprochen; bei Praklawice hatte sie den ersten Sieg erfochten; alle Seelen, in denen das Andenken vergangner Zeiten noch eine Ahnung von Vaterlandsliebe, von Nationalehre, von Unabhängigkeit erhalten hatte, flammten auf in Sehnsucht, Hoffnung und Entschluß. Warschau zerbrach, wie durch ein Zauberwort belebt, seine Fesseln, und der Pole erstaunte über die Möglichkeit, der Sklaverei zu entgehen. Alle diese großen schicksalsvollen Nachrichten empfing Theofanie in der tiefen Einsamkeit des Krankenzimmers; denn Aloysia verzehrte noch ein zerstörendes Fieber, als das zweite Kind schon darniederlag und durch die Sorge für sein Leben ihr Entzücken über die Siege der Freiheit dämpfte. Selten sah sie wenige Augenblicke ihren Freund, sein Beruf führte ihn in die benachbarten Cantonnements, oder beschäftigte ihn mit den Vorkehrungen, welche die nahe Katastrophe erfoderte. Der Vater der Castellanin hatte Theofaniens unabhängigen Geist nie geliebt; ihre Verbindung mit Czesinsky hatte er schon ein Paar Mal mit beißendem Spotte getadelt; aber mit der Gefahr seiner Lage, als Haupt der russischen Partei, und den gewagten Hülfsmitteln, die er ihr entgegensetzte, ganz beschäftigt, wußte er es ihr vielen Dank, daß sie die Aufsicht über seine Enkel übernahm; denn der Castellan, der dem Fürsten gefolgt war, hatte noch nichts über das Schicksal seiner Kinder verfügt. Bald lernte Theofanie an Aloysiens Heimkehr ins bessere Leben den Tod in einer neuen Gestalt kennen, sie sah die
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